Vortrag
Vom luftigen Modetrend für die Sommerfrische zum stoffgewordenen Symbol für Heimatliebe und Traditionsverbundenheit - die Geschichte des Dirndls ist auch die Geschichte der Instrumentalisierung eines Kleidungsstücks.
Ende des 19. Jahrhunderts war das Dirndl der modische Trend für wohlhabende Bürgerinnen in der Sommerfrische. Zwei jüdische Brüder aus Bielefeld etablierten von München aus das adrette Ensemble aus Hemd, Mieder, Rock und Schürze als Alltags- und Festkleid von Wien bis Berlin. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten das Dirndl, indem sie es zur Tracht, zum Kulturgut erklärten. Es wurde auch zum Werkzeug des Antisemitismus: In einigen österreichischen Bundesländern durften Jüdinnen kein Dirndl tragen. Seit dem zweiten Weltkrieg hat das Dirndl im Tourismus-Marketing für die Alpenländer einen festen Platz. Auch bei den Olympischen Spielen 1972 war es Teil der Selbstdarstellung der Austragungsstadt München. Ins Bierzelt geht frau seitdem im Dirndl - von den Medien in der tröstlichen Gewissheit unterstützt, dass es „jeder Frau gut steht“ und informiert, wie die Schürzen- schleife richtig gebunden wird. Mit dem Erstarken der Rechtsextremen in den letzten Jahrzehnten wird das Dirndl erneut politisch instrumentalisiert. „Reclaim the - Dirndl“, eine Gruppe österreichischer Aktivistinnen, wehrt sich dagegen.